Hallo :)
wie der Threadersteller bin ich neu hier und möchte mich kurz vorstellen. Bin 25 Jahre alt und in der öffentlichen Verwaltung tätig, wie ggf. manch einer der hier Antwortenden, daneben auch in einer Stadtverwaltung, die u.a. rund 34 Schulen (darunter eine von drei baden-württembergischen [1] Gesamtschulen -eine internationale-) betreibt und im Lernatlas 2011 der Bertelsmann Stiftung Platz 1 im Bereich Schulisches Lernen erreichte [2], tätig gewesen.
Seit 2005 [3] interessiere ich mich für interaktive Whiteboards (IWB), weil ich selbst drei Jahre Erfahrung sammeln konnte. Verfolge seit 2008 auch sämtliche Entwicklungen, welche für die “Technische Ausstatung an Schulen” relevant sind und bin auch im Umfeld der (freien) Linux-Schulserver aktiv; so auch über die Integration von mobilen Endgeräten über WLAN in den schulischen Unterricht.
Zunächst möchte ich euch jedoch auf die verschiedenen Zuständigkeiten im Bildungsbereich hinweisen. Die Kultusministerien (der Länder) tragen die innere Schulorganisation (sprich: die inhaltliche Arbeit an den Schulen; Lehrplan, Fortbildung, Auswahl der Lehr-/Lernmittel etc.) und die Verantwortung für Personal als Personalaufwandsträger; dafür übernehmen die kommunalen Schulträger (also Gemeinden/kreisfreie Städte resp. Landkreise bzw. Bezirke (BE, HH) oder Landschaftsverbände (NRW)) die Verantwortung der äußeren Schulverwaltung, also für räumliche und sächliche Ausstattung (inkl. Kosten der Lehr-/Lernmittel) als Sachaufwandsträger. Dies zeigt sich in den Regelungen der verschiedenen Schulgesetzen [4].
So gibts es Empfehlungen [5], welche auf die ein oder andere Art eine Vorschrift sind, aber keine verpflichtende. Eine direkte Vorschrift (sprich Regelung im Sinne eines/r Gesetzes/Verordnung/Verwaltungsvorschrift) kann es wegen dem Konnexitätsprinzip [6,7] nicht geben, denn dann müsste das Land die Kosten (voll) übernehmen.
Obiger Absatz in Kurzform: “Pädagogik == Land; Ausstattung == Kommune”
Um überhaupt WLAN (sei es Freifunk oder etwas anderes) an einer Schule anbieten zu können, ist eine strukturierte Verkabelung notwendig, die dem GBit-Standard entspricht [8,9]. Dafür kommen entweder:
- Kupferkabel der Kategorie 7 (die [edit]momentan[/edit] höchste Kategorie oder höher) oder
- Lichtwellenleiter (LWL), auch Glasfaser genannt (idealerweise als OM3-Faser[10][edit] oder besser[/edit]) in Frage.
Damit sich die Vernetzung auch lohnt, darf eine entsprechende Austattung nicht fehlen. Dazu würde ich, ähnlich wie in einem Pastebin [11] dargestellt, bei einer Gbit/s-Lichtwellenleiter-Verkabelung innerhalb der allgemeinbildenden Schulen pro Klasse 4 Schüler-PCs, 1 Lehrer-PC, IWB, 6-Port Gigabit Switch (“Medienkonverter”) (im Brüstungskanal), einen WLAN-AP und 1:1-Tablets verwenden. Zusätzlich kommen je nach Schule zw. einem und 3 u-förmigen PC-Räumen (mit 16 PCs/1 Lehrer-PC, IWB, netzwerkfähigem Drucker und in der Mitte platziertem Gruppentisch), zwischen einem und 3 Multifunktionsräumen (mit 32 PCs, IWB, Netzwerkdrucker) und entsprechend verkabelte Fachräume (je nach Schule zwischen 2, 3, 5, 8 oder 16).
Bei den berufsbildenden Schulen gilt die gleiche Ausstattung jedoch mit folgenden Abweichungen und zwar gibt es 4 PC-Räume bzw. 4 Multifunktionsräume und 19 Fächraume pro Schule.
Beim Einsatz eines WLANs reicht es nicht nur einen WLAN-AP (in jeder Klasse) aufzustellen. Es ist zusätzlich ein WLAN-Controller [8,12] und eine Firewall notwendig. Zur Absicherung des WLANs gegen Unbefugten wird ein RADIUS-Server, der nur bekannte Accounts/Geräte anhand einer LDAP-Abfrage “reinlässt”, eingesetzt. Damit stellt die Schule auch sicher, wer den Internetzugang nutzt. Denn afaik hat die Schule zunächst eine Aufsichtspflicht (die sie technisch mit Filtersoftware umsetzt) und muss entsprechende Nachweise vorlegen können (siehe [13] und eine Präsentation des ULD SH [14]). Auch fällt der Schulträger (hier: die Kommune), als Bereitsteller des Internetzugangs über WLAN, unter die Regelungen der Störerhaftung, hat somit auch (afaik) gewisse Nachweise bereitzustellen; deswegen die Nutzung des RADIUS-Servers. Gewissermaßen kann man sagen, die Schule übernimmt den personellen Teil der Störerhaftung, die Kommune den technischen.
Zum letzten Absatz möchte ich noch anmerken, dass Freifunk, als Bereitsteller des WLAN-Internetzugangs, afaik unter die Störerhaftung fällt und damit (eigentlich) auch nachweisen muss, wer den Zugang genutzt hat.
Wenn ich mir die Diskussion über die Störerhaftung so ansehen, dann fehlt mir auf, dass keiner an den Fall des Internetzugangs in Schulen und der diesbezüglichen Haftung denkt.
Und allgemein betrachtet unter Rücksichtnahme der Aufsichtspflicht und Störerhaftung kann in meinen Augen eigentlich die Schule kein Freifunk anbieten.
Gruss
BBiwy
Referenzen:
[1] http://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&query=SchulG+BW+§+107&psml=bsbawueprod.psml&max=true
[2] http://www.rnz.de/nachrichten/heidelberg_artikel,-Lernen-ein-Leben-lang-_arid,52987.html
[3] https://web.archive.org/web/20050320200424/http://www.carl-theodor-schule.de/teacher3.htm#Die%20Kreide%20hat%20im%20Klassenzimmer%20ausgedient
[4] https://wiki.fsfe.org/Education/FS_usage_Link_collection/Germany
[5] http://pastebin.com/8W0uUDYC
[6] http://kommunalwiki.boell.de/index.php/Konnexitätsprinzip
[7] http://de.wikipedia.org/wiki/Konnexitätsprinzip#Das_Konnexit.C3.A4tsprinzip_im_Staatsrecht
[8] http://www.lmz-bw.de/medienbildung/aktuelles/mediaculture-blog/blogeinzelansicht/2014/werkstattbericht-tablet-schule-anforderungen-an-die-wlan-infrastruktur.html
[9] http://www.lmz-bw.de/technische-unterstuetzung/aktuelles/erfolgsfaktorenpaedml.html
[10] http://www.ls-bw.de/projekte/beruflschulen/zpg/gew/pdf/0038mainweb.pdf - Seite 20
[11] http://pastebin.com/Tea0mhT4
[12] https://www.mebis.bayern.de/wp-content/uploads/sites/2/2015/06/Votum_2015.pdf - Seite 41
[13] https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/IQSH/Arbeitsfelder/ITMedien/Material/Downloads/ThemenpapierInternetnutzung.pdf?__blob=publicationFile&v=4 - Seite 6
[14] https://www.datenschutzzentrum.de/uploads/sommerakademie/2015/SAK2015_Infoboerse-08_ProbstBrocks_schulischeIT.pdf